Requiem

Produktionswünsche:
Ein Requiem auf die Mäzenin, da sich Mäzene Künstler eh immer nur gehalten haben, um nach ihrem Tod unsterblich zu sein

Entlohnung:
Eine mitgebrachte Shisha am Abend (uneingelöst)

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Es geht darum, nicht zu vergessen, wer wir sein werden.
Für viereinhalb Stunden hielt die Welt an diesem Mittwoch den Atem an, als die ersten Polizeihubschrauber an den Zwillingstürmen des Frankfurter Deutsche Bank-Gebäudes eintrafen. Bei der jungen Frau im Alter von 33 Jahren, handelte es sich um Margarete Kuske, die sich ihrer Webseite zufolge selbst als Performance-Künstlerin bezeichnete. Viereinhalb Stunden lang hielt sie sie sich auf dem Seil auf, das sie unter ungeklärten Umständen zwischen den beiden Türmen der Deutschen Bank gespannt hatte. Tausende Schaulustige hörten ihr zu, als sie den ungekürzten Text von Samuel Beckets Warten auf Godot per Megaphon ausrief. Im Anschluss begab sie sich freiwillig in Gewahrsam der Polizei, als sie durch einen Pflasterstein am Kopf getroffen wurde. Die Täter konnten unerkannt in der Menge untertauchen. Tausende von Sympathiesanten, vor Allem aus der internationalen freien Künstlerszene, reisen nach Frankfurt, um eine Mahnwache vor der deutschen Bank abzuhalten. Margarete Kuske erlag um 23 Uhr einer Hirnblutung.
Sky News hat heute um 7h mitteleuropäischer Zeit neueste Informationen zu dem dramatischen Schiffsunglück in der Beringsee bekannt gegeben. Bei dem versenkten Schoner handelte es sich, der japanischen Pressestelle der Nikkei Tokyo Shinbun zufolge, um ein Projekt aktivistischer Öko-Terroristen welche seit längerer Zeit in illegaler Intervention mit japanischen Walfischfängern verstrickt waren. Greenpeace streitet jede Beteiligung ab und bedauert sehr, dass sich unter der Besatzung auch zahlreiche Jugendliche befanden. Einer anonymen Quelle zufolge, handelte es sich um deliquente Aktivisten, welche zumeist ihr Studium abgebrochen oder auf anderem Wege aus geregelten Bahnen geworfen wurden. Unter den Opfern befanden sich 17 Europäer und auch eine Deutsche.
Tobias Wolf betrauert den Verlust seiner geliebten Frau, Doktor Margarete Dorothea Elsabe Wolf, welche vergangenen Freitag im Alter von 47 Jahren tragisch verstarb. Sie fiel in der psychiatrischen Robert Kuske-Heilanstalt zu Königsee einem ihrer Patienten zum Opfer, welcher sie mit 17 Messerstichen ins Herz tötete, bevor er sich selbst das Leben nahm. Margarete hatte sich vier Jahre lang erfolgreich gegen eine elektrophysische Lobotomie ihres Patienten eingesetzt.
Ihr sollt niemals aufhören zu glauben.
BASF – the Chemical Company bedauert sehr, eine geschätzte Mitarbeiterin verloren zu haben. Unser Executive Director of Public Relations, Frau Margarete Kuske, hat mit grenzenlosem Engagement viel in das Unternehmen BASF eingebracht. Ihre Kollegen beschrieben sie ausnahmslos als zuverlässig, verantwortungsbewusst und äußerst diszipliniert. Auch ihr kritisches Reflexionsvermögen hat viel zum positiven Image unseres Konzerns beigetragen. Das jüngst entstandene Sponsoring Partnership mit dem deutschen StudentenKunstverein Arena der jungen Künste, deren jährliche Koproduktion maßgeblich von BASF unterstützt wird, ist alleine auf Frau Kuskes Initiative zurückzuführen. BASF wird die Aufarbeitung der Umstände ihres tragischen Selbstmordes aktiv unterstützen.
Es gab keine Posaunen und es gab keine Cherubime. Als es passierte, schien die Sonne und aus Westen wehte ein leiser Wind. Die alte Frau auf dem Hügel mit dem sterbenden Kirschbaum wusste was kam. Einige hundert Meter weiter sah sie einen Zimmermann auf Wanderschaft, der ebenfalls nach oben blickte. Sie war 83 Jahre alt, hatte geliebt, hatte etwas gefunden, dass sie für die große Liebe hielt, und hatte sie verloren. Und sie hatte noch einmal geliebt, viele Jahrzehnte später. Als der Zimmermann panisch davonstürzte, schaute sie um sich und entdeckte eine letzte Kirsche an dem alten Baum. Sie streckte ihre Hand danach aus, als Gott die Apokalypse über die Erde brachte.
Es geht darum, nicht zu vergessen, wer wir sein werden.

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